Neue und alte Architektur – vielfältiger Lebensraum in der Altstadt Korneuburgs
Das Team des Architekturbüros Trimmel Wall ist mit der Planung des neuen Quartiers „K4 augusteum“ betraut. Im Interview erzählen die Achitekt:innen von der Besonderheit des Projekts, bei dem historische Substanz zum Leben erweckt wird und ein Neubau in der Altstadt entsteht.
Vom Kindergarten bis zum Gründerzeithaus – euer Team ist mit vielfältigen Projekten beschäftigt. Mehrfache Auszeichnungen, vor allem auch im Bereich Sanierung und Denkmalschutz, begleiten eure Arbeit. Jetzt seid ihr hier in Korneuburg mit den Planungen rund um das ehemalige Augustinerkloster und der Kirche betraut. Was waren eure ersten Gedanken und Zugänge zu diesem besonderen Projekt?
Beim Bauen im Bestand steht natürlich für uns immer das bestehende Gebäude an einem bestimmten Ort im Mittelpunkt. Zu Beginn analysieren wir die Entstehungsgeschichte und die vorhandenen Strukturen des Gebäudes. Anhand von Begehungen, der Bau- und Funktionsgeschichte, ursprünglicher Baupläne, Plänen vom derzeitigen Bestand und den Baualtersplänen, die anzeigen welche Gebäudeteile aus welcher Bauzeit stammen, gewinnen wir ein umfassendes Bild über das Gebäude. Mit dem Wissen, wie und zu welchem Zweck es errichtet wurde, können wir dann unser Augenmerk auf das zukünftige Potential richten. Bauen im Bestand bedeutet für uns immer das optimale Gleichgewicht zwischen der Historie eines Ortes, dem vorgefundenen Zustand und den neuen Ideen für eine zukünftige Gestaltung und Nutzung zu suchen und zu finden.
Hier beim ehemaligen Augustinerkloster mit Kirche galt es zuerst, den noch erhaltenen, denkmalgeschützten Bestand zu identifizieren und diesen wieder freizulegen, zuerst gedanklich, im Konzept auf Plänen und Darstellungen, erst später dann in der Umsetzung im Gebäude. Das Kloster ist ja viele Jahre fernab von dem, was wir heute unter Denkmalschutz verstehen, genutzt und auch umgebaut worden. Auf dieser Grundlage konnten dann Überlegungen zu Umbauten erfolgen, die für eine zukünftige Nutzung sinnvoll bzw. notwendig und im Rahmen des Denkmalschutzes möglich waren. Ein gutes, funktionierendes Nutzungskonzept für Kloster und Kirche zu finden war zu Beginn sicher die größte Herausforderung. Räumlich war für uns klar, dass die zum Innenhof und in die Außenbereiche geöffneten Kreuzgänge im Zentrum des Projektes stehen würden.
Der so schmerzhaft vernachlässigten Ort im Zentrum Korneuburgs verdiente es wieder zum Strahlen gebracht und mit Leben erfüllt zu werden.
Das augusteum K4 war ein Kloster und eine Kirche und somit auch ein religiöser Ort. Wie seht ihr die Nachnutzung von ehemaligen religiösen Orten?
Auch wenn es immer schade ist, wenn ein Gebäude nicht mehr so genutzt wird, wie es bei seiner Errichtung geplant war, ist eine Nachnutzung dem Leerstand immer vorzuziehen. Gerade bei Orten mit einer ehemals religiösen Nutzung ist eine würdevolle Nachnutzung unumgänglich. Ungenutzte Kirchen sind ein Zeichen unserer Zeit. Oftmals im Zentrum von Städten gelegene Gebäude haben durch ihre Wiederbelebung über die Grundstücksgrenzen hinaus eine große Wirkung im städtebaulichen Kontext. Eine Wiederherstellung der Funktion schließt eine Lücke im Stadtgefüge, auch, wenn die Funktion nicht mehr der ursprünglichen entspricht.
Die Achtung und Pflege von Kulturgütern, ob religiös oder nicht, setzt ein Zeichen in unserer Gesellschaft.
Vor ein paar Jahren seid ihr mit dem Staatspreis „Architektur und Nachhaltigkeit“ ausgezeichnet worden. Was bedeutet für euch Nachhaltigkeit und wie kann man sich eine Umsetzung im K4 vorstellen?
Die Sanierung und Nutzung bestehender Gebäude ist per se schon nachhaltig. Selten ist ein Neubau nachhaltiger als eine Sanierung. Umso wichtiger ist das Thema zukünftiger (Nach-) Nutzungskonzepte für Gebäude im Altbestand. Für fast alle unserer Projekte sind Überlegungen zu Nachhaltigkeit in Bezug auf Innovation, Materialien bzw. Rohstoffen und Energiegewinnung und -verbrauch genauso essentiell wie Gestaltung oder Nutzung. Es ist für uns selbstverständlich, in Planung und Ausführung zu bedenken, welche Anforderungen an ein Gebäude von zukünftigen Nutzungskonzepten gestellt werden könnte.
Bei immer besser gedämmten Gebäuden wird die für die Warmwasserversorgung benötigte Energie gegenüber der für die Heizung benötigten Energie immer wichtiger. Deshalb suchen wir bei unseren Projekten nach Konzepten zur Wärmerückgewinnung der Abwässer. Zur Energiegewinnung planen wir in letzter Zeit oft Erdwärmebohrungen, mit denen über Wärmepumpen sowohl geheizt wie auch gekühlt werden kann. Dieses System wird auch in Korneuburg eingesetzt werden.
Das K4 augusteum wird durch die unterschiedliche Nutzung zu einem lebendigen Ort werden. Architektur schafft hier Räume für die Bevölkerung, innen und außen. Welchen Herausforderungen bezüglich des Denkmalschutzes begegnet man bei diesem Projekt?
Die größten Herausforderungen betreffend Denkmalschutz sind bei diesem Projekt im Speziellen der Dachgeschoßausbau des Klosters, welcher zwischenzeitlich als nicht umsetzbar galt, mit entsprechenden Belichtungsflächen und die neue, zeitgemäß gestaltete Überdachung des Innenhofes.
Die Fertigstellung wird noch ein paar Jahre in Anspruch nehmen und auch für euer Team ist es ein langer Prozess. Auf welchen Teil des Umbaus und Neubaus zum neuen Quartier freut ihr euch am meisten?
Nach der langen Planungs- und Vorbereitungszeit warten wir natürlich schon auf den Baubeginn und freuen uns darauf unsere Ideen umsetzen zu können. Am spannendsten wird, denke ich, das Ergebnis der Überdachung des Klosterinnenhofes das erste Mal sehen zu können.
Danke für das Gespräch!
Das Interview wurde schriftlich am 10.06.2025 gegeben.
Günther Trimmel und Isabella Wall / Trimmel Wall Architekten ZTGmbH / www.architekten.or.at /
Visualisierung Außenanlage/Neubau (rechts im Bild: ehemaliges Kloster)